Pünktlich zu Pfingsten will ich im Reiseblog über die etwas andere spanische Stadt „El Rocio“ schreiben. Pfingsten ist das bedeutendste Fest für diese Stadt. Dazu aber später. Erst will ich etwas die vergangenen Erlebnisse schildern.
Mitte Januar entschlossen sich der „böse Otto“ und ich, Maro den Rücken zu kehren und weiter nach Gibraltar zu fahren. Wir fuhren gemeinsam mit den Wohnmobilen auf der gebührenfreien Autobahn Richtung Süden. Es war ein sonniger, nicht milder, eher schon zu warmer Samstag. Dementsprechend hoch war das Verkehrsaufkommen.
Und dann passierte es: In Algeciras, wo die Autobahn direkt durch den Ort führt und einige Ampeln Querverkehr zulassen, musste ich verkehrsbedingt in den Stand herunter bremsen und trat dabei die Kupplung. Nichts… Kein Wiederstand im Pedal, keine Kupplung.
Ich nahm den Gang heraus und bremste bis zum Stehen, Otto direkt hinter mir. Warnblinker an, Motorhaube auf und raus. Es bildete sich ein Rückstau. Bei Grün fuhren hupende, genervte Autos auf der verbliebenen linken Spur an uns vorbei. Es war laut und stickig. Wir suchten am Motor und unter der Haube nach dem vielleicht gerissenen Kupplungsseil. Es gab keines. Die Kupplung ist hydraulisch, war kaputt und musste gewechselt werden. Was tun?
Ich entschloss mich, zu versuchen, erstmal diese Autobahn zu verlassen. Ich legte den ersten Gang ein und startete den Motor, als die Ampel grün wurde. Es klappte: Ich tuckerte langsam auf die Ampel zu und betete, dass sie bei Grün auf mich wartete. Geschafft, ich bog nach rechts in das Wohngebiet ab, fuhr ein paar Meter und stellte dann den Motor ab. In den nächsten Stunden führte ich mehrere Telefonate mit meiner Versicherung und dem ADAC. Keiner konnte helfen, auch ein Besuch bei der Polizei verlief negativ.
Das einzige, was meine Versicherung einräumte, war die Bezahlung einer Nacht im Hotel, im Falle einer Reparatur. Toll… Und das alles auch noch an einem Samstag!
Ich übernachtete mehr schlecht, als recht in diesem Wohngebiet. Am Sonntag Morgen fand ich per Google Maps einen Iveco-Händler in der Nähe in einem Gewerbegebiet. Otto und ich, entschlossen uns, den Versuch zu starten, durch das Wohngebiet Richtung Iveco zu fahren. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass ich ohne Kupplung nur einen Gang zu Verfügung hatte und nicht anhalten konnte. Das hätte den Motor abgewürgt.
Also fuhr Otto vor und sperrte immer die Kreuzungen, bei welchen ich bei Querverkehr zum Stehen gekommen wäre. Otto machte das fast so gut, wie ein richtiger Polizist. Man hätte beinahe auf die Idee kommen können, dass er in seinem vorigen Leben „Schutzmann“ gewesen sei. Aber was für eine unsinnige Idee…
Jedenfalls schafften wir es bis auf den Parkplatz vor der Werkstatt ohne anhalten zu müssen. In mein Wohnmobil wurde dann dort für € 1.100,- eine neue Kupplung eingebaut. Irgendwie bekam ich langsam den Eindruck, mein Ducato sei etwas böse mit mir. Da er jetzt auch nicht mehr ansprang, wurde dort auch noch eine neue Lichtmaschine für weitere € 600,- eingebaut. Aber trotzdem war das Auto noch nicht ganz besänftigt.
Der „böse Otto“ blieb die ganze Zeit bei mir, was ich sehr nett fand. Ihr fragt jetzt, weshalb böse? Im Grunde hat Otto ein schwarzes Herz. Nur zu mir war er immer nett, weil er abends um 20:00 Uhr mit einem Bier in der Hand auf meiner Couch im Wohnmobil die Nachrichten aus der Heimat in HD-Qualität sehen durfte. Was für ein Luxus…
Nach 4 Tagen und einer Nacht im Hotel, war mein Ducato wieder fahrbereit. Ottos und meine Wege trennten sich. Ich wollte zur Burg Castellar, um dort eine Freundin zu besuchen, Otto wollte weiter Richtung Portugal. Ciao Otto.
In Castellar fand ich abends einen phantastischen Platz zum Übernachten, sehr ruhig in der Natur. Meine Batterien waren sehr schwach, weshalb ich abends für einige Minuten den Motor laufen ließ. Ich wunderte mich schon seit einigen Stunden über Dieselgeruch im Auto. Ich nahm an, dass der Geruch von den Reparatur Arbeiten war. Aber jetzt wurde er immer schlimmer. Ich ging im Dunkeln mit Taschenlampe kurz nach draußen, um nach dem laufenden Motor zu sehen. Es war überall trocken, nur unter meinem Auto befand sich eine Pfütze. Und diese Pfütze, war was??? Eine Dieselpfütze. Der Sprit schoss aus dem Motorraum bei laufendem Motor, der Dieselfilter hatte einen Haarriss. Ich stellte den Motor ab, beschimpfte das Lenkrad und ließ mich dann volllaufen. Was sollte ich auch Anderes tun?
Am nächsten Morgen entschied ich, volles Risiko zu gehen. Um einen teuren Abschleppwagen zu vermeiden, fuhr ich das Auto von der Burg selbst die Serpentine hinunter in den Ort. Für die 7 Kilometer brauchte ich 40 Liter Diesel, aber ich schaffte es ohne das Fahrzeug abzubrennen. Die Dieselspur von der Burg kommend, konnte man bis zu meinem Auto verfolgen. Diesmal hatte ich aber Glück, niemand verfolgte mich, bis auf Otto. Der kam mir wieder zu Hilfe, auch wenn er mich immer beschimpfte.
Eine kleine Werkstatt im Ort besorgte mir einen neuen Filter für weitere € 130,-. Dann mussten im Weiteren noch die Aufbaubatterien für € 250,- gewechselt werden. Der liebe Gott dachte bestimmt, dass ich mein Geld in die schwächelnde Autoindustrie investieren solle.
Ottos und meine Wege trennten sich nun wirklich, bis wir uns in „El Rocio“ wieder trafen. Dazu komme ich jetzt.
Ich kannte „El Rocio“ nur vom Vorüberfahren, besucht habe ich die Stadt bei meiner ersten Spanienreise nicht.
„El Rocio“ (deutsch: Der Tau) ist so merkwürdig, weil der Ort beim ersten Eindruck aussieht, wie eine „Westernstadt“. Die Gebäude könnten auch in Mexiko stehen und geteerte Straßen gibt es nicht. Alle Wege und Straßen sind aus Sand. Man bekommt ein ganz merkwürdiges Gefühl, als ob man in einem Westernpark wandelt und gleich Zeuge eines Postkutschenüberfalls wird.
Der Ort hat geschätzte 700 – 800 Einwohner. Bis auf das Pfingstwochenende: Dann sind hier circa 1 Millionen Menschen.
Der südliche Stadtrand grenzt an eine Lagune, auf der Reiher, Flamingos und andere Vögel nach Nahrung suchen.
Aber wirklich spektakulär sind die grasenden Pferde in der Lagune. Es sieht beinahe so aus, als gingen sie über Wasser.
El Rocio ist ein Pilgerort, in welchem an Pfingsten die „heilige Jungfrau von El Rocio“ verehrt wird. Sie wird auch „Blanca Paloma“ (weiße Taube) genannt.
Die leer stehenden großen Gebäude sind die Unterkünfte der Pilger und gehören alle unterschiedlichen Bruderschaften. Die meisten Bruderschaften (spanisch: „Hermandad“) pilgern aus dem Umfeld zu Fuß, auf dem Pferd oder mit dem Auto an Pfingsten hierher. Es gibt aber auch Bruderschaften, welche von weiter her außerhalb Spaniens hierher pilgern, mit unter aus Lateinamerika.
Am Samstagabend vor Pfingsten treffen die Pilger in El Rocio ein und begrüßen die „weiße Taube“ in der Wallfahrtskirche von El Rocio. Danach pilgern sie weiter zu ihren Unterkünften im Ort.
Am Sonntag Abend treffen sich die Pilger nochmal vor und in der Ermita zum Gebet. Nach Mitternacht, gegen 2 bis 3 Uhr überspringen die Angehörigen der „Bruderschaft von Almonte“ die Absperrung zur Madonna und tragen diese nach draußen. Sie wird an jeder Bruderschaft vorbei getragen, welche Dankgebete sprechen.
Am Dienstag ist der „Spuk“ zu Ende und die Pilger reisen wieder ab. Das Städtchen findet seine Ruhe wieder.
Otto und ich haben hier ein paar schöne Tage verbracht. Das Wetter war phantastisch Mitte Februar und ein Besuch der besonderen Stadt „El Rocio“ ist Pflicht.
Ich will natürlich nicht vergessen, dass ich die meisten Informationen bei Wikipedia nachgelesen habe.
Bis bald…