Eine friedliche russische Grenze in Estland

Am Tag als ich mich dann von Joel und Marika verabschiedete, am 21. August 2021, ging es Lotte nach der Operation schon besser. Sie musste halt ihr Kleidchen tragen, um die Narbe nicht aufzubeißen. Aber ein Dackel hält einen auf Trab und das tat Lotte ganz besonders gern.

Wir fuhren erstmal zur nur 5 Kilometer entfernten Burg Neuhausen, vielmehr eine Burgruine.

Reiseblog - Estland - Burg Neuhausen 3
Reiseblog – Estland – Burg Neuhausen 3

Burg Neuhausen in Estland, es gibt noch einige andere gleichnamige Burgen, wurde im 14. Jahrhundert erbaut, durch den Deutschritterorden.

 

 

 

 

 

Reiseblog - Estland - Burg Neuhausen Kapelle
Reiseblog – Estland – Burg Neuhausen Kapelle

Im Jahr 1353 soll sich ein Wunder ereignet haben, worauf die Burg zu einem Wallfahrtsort wurde. Und dann gibt es noch die Sage, dass eine Jungfrau im Burgfried eingemauert sein soll. Na gut, die lebt wahrscheinlich nicht mehr, weshalb ich ohne zu buddeln weiterfuhr.

 

 

 

 

Reiseblog - Estland - Burg Neuhausen 4
Reiseblog – Estland – Burg Neuhausen 4

Es ging zu einer estischen Enklave, die man nur über eine russische Straße erreichte.

 

 

 

 

 

 

Reiseblog - Estland - Russische Grenze
Reiseblog – Estland – Russische Grenze

Ein richtiges Abendteuer. An der unbewachten Grenze kommt man an ein Schild, wo mehrsprachig geschrieben steht: „Sie befahren nun die russische Föderation. Anhalten und zu Fuß gehen ist für einen Kilometer verboten.“ Was, wenn unterwegs der Motor ausfällt oder vielleicht ein Plattfuß? Komme ich dann direkt in ein Gulak? In Berlin würde sich sowieso niemand für mich interessieren, bei der Kritik, die ich schreibe.

 

 

Reiseblog - Estland - Russische Grenze (2)
Reiseblog – Estland – Russische Grenze (2)

Das Auto hielt durch und ich blieb in Freiheit. Die Enklave war nichts Besonderes, ein kleines estisches Dorf. Ich fand dort eine Wasserquelle, füllte meinen Tank auf und verließ die Enklave wieder. Irgendwo in der Nähe fand ich einen Platz zum Übernachten.

 

 

 

 

Reiseblog - Estland - Blick vom Turm nach Lüübnitsa
Reiseblog – Estland – Blick vom Turm nach Lüübnitsa

Am nächsten Tag erwartete mich wieder eine Überraschung mit einem gastfreundlichen Letten, der halb russisch war. Aber das kommt später.

 

 

 

 

 

 

Wie fuhren los und kamen am frühen Abend in den Ort Lüübnitsa (hätte man auch mit 3 Ü schreiben können) beim Lake Pihkva.

Durch den See verläuft die Grenze zu Russland. Am unteren Ortsausgang von Lüübnitsa ist ein Aussichtsturm, von welchem man hinüber in das riesige Russland schauen kann. Ich parkte das Wohnmobil an einem Feld hinter dem Turm und wollte dort übernachten.

Reiseblog - Estland - Lotte mit Kollege
Reiseblog – Estland – Lotte mit Kollege

Vor dem Abendbrot wollte ich zu Fuß noch einige Schritte durch das Dorf gehen. Es gab nicht viel zu sehen. An einem kleinen Bauernhaus kam gerade ein junger Mann heraus, der in ein Auto steigen wollte. Ich sprach ihn an, ob er englisch verstehe. „Yes“.

 

 

 

 

Reiseblog - Estland - Turm bei Lüübnitsa
Reiseblog – Estland – Turm bei Lüübnitsa

Es entstand eine nette Kommunikation. Ich erzählte, dass ich hinten am Turm mein Womo geparkt hätte und hier übernachten wolle. Ich fragte nach den Lebensumständen hier an der Grenze zu Russland. Er erklärte, dass es friedlich hier sei. Letten und Russen sind miteinander verwandt. Seine Oma sei Russin. Früher gab es keine befestigte Grenze, heute auch nur einen Zaun. Nur ist es schwieriger geworden auf der anderen Seite Verwandte zu besuchen. Aber immer noch habe man ein gutes und friedliches Verhältnis zur russischen Seite. Dann verabschiedeten wir uns.

Reiseblog - Estland - Blick über den Lake Pihkva nach Rußland
Reiseblog – Estland – Blick über den Lake Pihkva nach Rußland

Es dämmerte. Lotte und ich gingen zurück zum Womo und richteten uns für den Abend ein. Als es schon dunkel war an diesem einsamen Ort sah ich etwas Fernsehen. Lotte schlief schon. Auf einmal war in etwa 50 Meter Entfernung ein Auto auf der Straße zu sehen. Das Auto hielt an und stand für einige Augenblicke. Dann drehte es in meine Richtung und kam über das Feld auf mich zu gefahren. Solche Erlebnisse hatte ich den letzten sechs Jahren schon öfter. Jetzt kommt bestimmt ein Streifenwagen und schickt mich weg, da ich zu nah an der Grenze stehe oder aus irgendeinem anderen Grund. Wenn ein Scheriff schlechte Laune hat, findet er immer einen Grund einen Camper schikanieren.

Reiseblog - Estland - Lotte mit Kleid
Reiseblog – Estland – Lotte mit Kleid

Ok, im Scheinwerferlicht stieg jemand aus und kam auf das geöffnete Seitenfenster zu. Dann viel Licht auf sein Gesicht und es war der junge Mann von eben aus dem Dorf. Dass der Polizist war? Er trug einen kleinen Karton vor dem Bauch. Er sagte, er wolle mir ein ein paar kleine Geschenke dalassen und übergab mir den Karton. Einige Früchte, ein Glas eingekochte Paprika und eine Flasche hiesiges Bier. Seine Freundin oder Frau war auch ausgestiegen und stand lächelnd neben ihm. Ich war gerührt von dieser freundlichen Geste, wie herzlich. Wir plauderten noch einige Minuten und dann verschwanden sie wieder.

Nun hatte ich nicht mehr viele Tage in Estland. Über den Rest und was Lotte noch so anstellte, schreibe ich ganz bald.

Für die Nacht heute habe ich einen wirklich sehr einsamen Platz am Fuße der südlichen Karpaten gefunden. Der nächste Ort ist Kilometer entfernt, es ist totenstill in Transsylvanien. Bären streifen hier herum. Ich habe noch keinen gesehen. Die Leute sagen, in den Abendstunden und morgens soll man auf der Hut sein; dann sind sie wirklich gefählich. Ich werde gleich eine Nachwanderung machen. So long…

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